Kindererziehung, Pflege eines Angehörigen, ein zweites berufliches Standbein - es gibt viele Gründe, warum Menschen in Teilzeit arbeiten möchten. In Deutschland bedeutet das jedoch oft, dass sie nicht ihrer Kompetenz entsprechend beschäftigt und bezahlt werden. Die Lösung: einen qualifizierten Vollzeitjob teilen. Davon können sowohl der Mitarbeiter als auch der Arbeitgeber profitieren.
Zwei Menschen auf einem Fahrrad, die in dieselbe Richtung fahren und sich dafür beide gut abstimmen müssen: Das Konzept eines Tandems ist nicht neu - Tandem-Jobs sind es hingegen in Deutschland schon. Und sie funktionieren nach ganz ähnlichen Grundsätzen: Beide Partner tragen gleich viel dazu bei, beruflich voranzukommen, und ermöglichen es ihrem Unternehmen zudem, eine Stelle mit doppelter Kompetenz zu besetzen.
Auch unter dem Aspekt des Employer Brandings ist diese Art des Jobsharings interessant, weil Mitarbeitern durch eine eigenverantwortliche und flexible Arbeitszeitgestaltung Beruf und Familie besser vereinbaren können.
So wie im Fall von Melanie Hahn: Nach der Geburt ihres Kindes arbeitete sie freiberuflich als Dozentin im PR-Bereich der Hochschule Fresenius in Köln. Diese Form der Teilzeitbeschäftigung ermöglichte es ihr, Job und Familie miteinander zu vereinbaren. Im Sommer 2013 sah sie, dass die Hochschule die Stelle der Pressesprecherin in Vollzeit ausgeschrieben hatte, und dachte: "Eine tolle Stelle! Wie schade, dass ich nicht Vollzeit arbeiten kann." Als sie sich darüber mit ihrer Dozentenkollegin Melanie Behrendt unterhielt, merkten die beiden Frauen, dass sie in exakt derselben Situation waren.
Die zündende Idee: Die Stelle teilen! Die PR-Expertinnen reichten eine Bewerbung mit einem Anschreiben und zwei Lebensläufen ein - und wurden zu einem gemeinsamen Vorstellungsgespräch eingeladen. "Punkten konnten wir vor allem damit, dass wir uns vorab schon ein Arbeitszeitmodell überlegt hatten", berichtet Melanie Hahn. Jede von ihnen würde 20 Stunden arbeiten, die eine morgens früher beginnen als die andere. Die überschneidenden Arbeitszeiten würden die Abstimmung der beiden Frauen miteinander erleichtern. So konnte sich der Arbeitgeber einfacher vorstellen, wie die Aufteilung konkret aussieht, und prüfen, ob das den Anforderungen des Stellenprofils gerecht wird. Melanie Hahn und ihre Kollegin bekamen den Zuschlag.
Ihre Erfahrungen seitdem sind rundweg positiv: Nicht nur für die beiden Tandempartnerinnen, auch für den Arbeitgeber. Denn die beiden Mitarbeiterinnen bringen doppelte Kompetenzen und Erfahrungen in das Unternehmen ein. "Von Anfang an haben wir uns sehr gut ergänzt", berichtet Melanie Hahn. Als Kommunikationsspezialistin schätzt sie es auch, sich über die aktuellen Aufgaben auszutauschen und in ihrer Kollegin eine kompetente Sparringspartnerin zu haben.
Eine wichtige Voraussetzung muss für das Gelingen eines Tandemjobs aber erfüllt sein: "Die Chemie muss stimmen, denn eine enge Abstimmung ist nötig."
Gemeinsame Projektpläne und die CC-Regelung bei E-Mails sorgen dafür, dass beide immer auf dem aktuellen Stand sind und füreinander einspringen können.
Die noch vergleichsweise junge Idee des Jobsharings hat sich vor allem bei großen Unternehmen mittlerweile zu einem anerkannten Konzept entwickelt. Von anderen Teilzeitarbeitsverhältnissen unterscheiden sich die Tandem-Jobs insoweit, als die Partner selbst ihre Arbeitszeiten regeln. Nur, wenn sie sich nicht einigen können, übernimmt dies der Arbeitgeber.
Eine rechtliche Beziehung zwischen den Partnern besteht nicht. Steigt einer von beiden aus, bleibt der Vertrag des anderen bestehen. Diese Regelung ist auch Melanie Hahn zugutegekommen: Ihre Jobsharing-Partnerin übernahm mittlerweile eine Führungsposition und stockte ihre Arbeitszeit wieder auf. Doch es war kein Problem, eine Nachfolgerin zu finden: "Eine Mutter in meinem Bekanntenkreis hat die Teilzeitstelle gerne übernommen."