Viele Menschen lebten bislang auf das Renteneintrittsalter zu und gingen dann in den Ruhestand. Doch die Zeiten ändern sich. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber denken über den Ruhestand neu nach. Für beide Seiten wirft Arbeiten über das erreichte Rentenalter hinaus aber auch Fragen auf. Wir bieten Ihnen hier die wichtigsten Informationen dazu. Sie betreffen sowohl arbeitsrechtliche als auch finanzielle und versicherungstechnische Aspekte.
Aus Sicht eines Arbeitnehmers kann es mehrere Gründe geben, über das übliche Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Die Rentenversicherer schicken ihren Versicherten jährlich eine Prognose über die zu erwartende Rente bei sofortigem Eintritt und bei Erreichen des Renteneintrittsalters. Dies soll Klarheit schaffen. Für manche Arbeitnehmer ist sogar ein vorzeitiger Rentenbeginn mach- und planbar.
Wenn Ihre Rente aber sehr knapp ausfällt und es Ihre Arbeitsfähigkeit zulässt, können Sie nachbessern, indem Sie über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten. Ein bereits um zwei Jahre aufgeschobener Rentenbezug hilft Ihnen doppelt: Sie beziehen zum einen zwei Jahre lang weiter ein Gehalt. Zum anderen erhöht sich Ihre zu erwartende Rente, da Sie zwei weitere Jahre Beiträge in die Rentenkasse einzahlen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Rente regulär anzutreten und zusätzlich durch Arbeit ein weiteres Gehalt zu beziehen. Auch unabhängig von einer existentiellen Notwendigkeit kann sich eine Erwerbstätigkeit über den Renteneintritt hinaus positiv auswirken:
Natürlich sollte der Arbeitsplatz ein für Sie angenehmer sein. Oftmals ist es auch sinnvoll, die Arbeitszeit zu verkürzen.
Arbeitgeber können ebenfalls profitieren. Denn bewährtes Personal verweilt länger im Betrieb, profundes Wissen bleibt einem Unternehmen erhalten und kann an Folgegenerationen lebendig vermittelt werden.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten sich über die Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung über das Renteneintrittsalter jedoch vertraglich verständigen.
Was viele Arbeitnehmer gar nicht wissen: Ein unbefristeter Arbeitsvertrag endet nicht automatisch mit dem Erreichen des üblichen Renteneintrittsalters. Sollten Sie über eine Weiterarbeit nachdenken, gehen Sie auf Ihren Arbeitgeber zu und treffen Sie mit ihm entsprechende Vereinbarungen.
Sie stehen mit einem solchen Ansinnen nicht alleine da. Laut Bundesagentur für Arbeit waren 2016 über 200.000 Menschen im Ruhestand sozialversicherungspflichtig beschäftig, fast 900.000 hatten einen Mini-Job. 350.000 Selbständige waren noch im Alter von 65 bis 74 beruflich tätig.
Häufig stehen die Chancen für eine Einigung mit beidseitigem Gewinn recht gut. Wichtig ist, dass zum bestehenden unbefristeten Arbeitsvertrag eine schriftliche Ergänzung verfasst wird: In dieser sollte die zukünftige Arbeitszeit und das zu erwartende Vertragsende definiert werden. Laut Statistik arbeiten Ruheständler durchschnittlich etwas über 30 Wochenstunden.
Für den Ablauf ist auch eine verlängerbare Befristung möglich, die beiden Seiten die Möglichkeit lässt zu schauen, ob und wie sich die Vereinbarung in der Praxis einlöst. Vor 2014 war nur ein unbefristetes Weiterarbeiten möglich. Doch mit dem 2014 beschlossenen Rentenpaket wurde diese Regelung aufgehoben.
Dies lässt mehr Gestaltungsfreiraum zu: Denkbar wäre also beispielsweise eine Verlängerung des Arbeitsvertrages zunächst um zwei Jahre. Dann könnte im wechselseitigen Einvernehmen der Arbeitsvertrag erneut um eine gewünschte Frist verlängert werden.
Beim Arbeiten über das Renteneintrittsalter hinaus zu beachten ist ein Krankheitsfall, der länger als 6 Wochen dauert. Normalerweise bezahlt die Krankenkasse dann Krankengeld. Viele Krankenkassen fordern nach einer gewissen Zeit des Krankengeldbezuges ihre Versicherten jedoch auf, den Rentenantrag zu stellen. Dem müssen Sie, abhängig von Diagnose und Prognose, eventuell nachkommen.
Es kann natürlich sein, dass eine geregelte Weiterarbeit über das Erreichen des üblichen Rentenalters in Ihrem Unternehmen nicht möglich ist. Dann stellen Sie den Rentenantrag und beziehen Rente. Ihnen bleibt jedoch die Möglichkeit, erneut eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufzunehmen. Hier sollten Sie mit Ihrem neuen Arbeitgeber ebenfalls vertragliche Details festgelegen.
Die Situation ist dann etwas komplexer als bei Variante 1: Sie bekommen jetzt zu Ihrer Rente zusätzlich ein Gehalt. Dies bedeutet aber auch: Das Gesamteinkommen, dass Sie versteuern müssen, steigt an. Wie bei Variante 1 haben Sie aber den Vorteil, dass Sie durch Zahlung von weiteren Beiträgen in die Rentenkasse Ihre Rente um jährlich bis zu neun Prozent steigern können.
Auch hier müssen Sie die besondere Regelung bei der Krankenversicherung beachten: Wer Rente bekommt, zahlt zwar einen geringeren Krankenversicherungsbeitrag, hat deswegen aber keinen Anspruch mehr auf Krankengeld. Dauert also eine Krankheit länger als 6 Wochen und stellt der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung ein, bleibt Ihnen als einziges Einkommen die Rente.
Ein Arbeiten ohne oder mit Rentenbezug über das Renteneintrittsalter hinaus ist nicht mehr unüblich. Die Entscheidung, welche Variante für Sie am besten geeignet ist, hat hohe Tragweite.
Ein jährlicher Zuverdienst von bis zu 6.300 Euro pro Jahr ist bei Rentenbezug frei. Von jedem Betrag darüber hinaus werden Ihnen 40 Prozent von der Rente einbehalten.
Die Zuverdienstregelungen gelten auch für die Rente wegen Erwerbsminderung.
Die finanzielle Situation der Variante 1 ist daher der Variante 2 im Detail gegenüberzustellen.
Eine gute und individuell persönliche Beratung kann Ihnen bei der Entscheidung sehr helfen. Angebote für Beratung gibt es mehrere:
Diese Behörde ist für die Rententhematik zuständig. Daher hat sie ein Bürgertelefon geschaltet unter folgender Telefonnummer:
030 221911001
Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung bieten eine telefonische Vorberatung unter der Rufnummer
0800 10004800
an.
Unter der gleichen Telefonnummer lassen sich auch Termine für eine persönliche Beratung bei der für Sie zuständigen Rentenversicherung vereinbaren.
Wie oben schon angemerkt, sollten Sie bei Ihren Überlegungen zu einer Erwerbstätigkeit über das Renteneintrittsalter hinaus auch Ihre Krankenkasse mit einbeziehen. Diese kann Ihnen die für Sie speziellen Konsequenzen für das von Ihnen favorisierte Arbeitsmodell am besten darlegen.